Nachdenkliches

Heilige mit europäischer Bedeutung

(von Michael Gabel, Katholische Kirche Ichtershausen)

Martin von Tours, Elisabeth von Thüringen und Maximilian Kolbe stehen neben anderen Personen in herausragender Weise für die Idee Europas. Sie versinnbildlichen, was zum europäischen Fundament gehört. Im vierten Jahrhundert lebte Martin als römischer Soldat, wurde Christ und später gegen seinen Willen vom Volk zum Bischofsamt gedrängt. Bis heute beeindruckt er durch seinen Sinn für Barmherzigkeit. Im französischen Amiens als kaiserlicher Offizier tätig, rettete er in der Winterkälte einem Obdachlosen das Leben, indem er seinen kostbaren Offiziersmantel mit dem Schwert teilte und den Armen bekleidete. Die verbliebene Mantelhälfte wurde in den Kronschatz der fränkischen Könige aufgenommen und erinnert seitdem an die Tugend der Barmherzigkeit und Nächstenliebe.

Seine Tat beeindruckte die Menschen in solchem Maß, dass sie bei seinem Tod eine Lichterprozession begingen. Seitdem wird in Laternenzügen in ganz Mitteleuropa an den Heiligen der Barmherzigkeit erinnert. Wie Martin aus Ungarn stammend kam die Königstochter Elisabeth im 13. Jahrhundert als kleines Mädchen auf die Wartburg. Sie war für den Thüringer Landgrafen Ludwig als Ehefrau bestimmt. Zum europäischen Hochadel gehörend trat sie einer damals modernen Frauenbewegung bei, die nicht in Luxus, sondern in großer Einfachheit leben und für die Armen durch Sozialhilfe, Krankenpflege und Hospizdienst tätig sein wollte. Ungewöhnlich war, dass ihr Mann die Ideale von Elisabeth unterstützte. Beide gründeten in Gotha ein Hospital, in Eisenach und Marburg folgten weitere. Ihr Eintreten für die Armen war so radikal, dass sie nach dem Tod ihres Mannes den Bruch mit dem Adelshaus hinnahm, und überdies kaum auf sich selbst Rücksicht nahm. Sie starb mit 24 Jahren an Erschöpfung. Schon zu Lebzeiten und erst recht nach ihrem Tod wurde und wird sie bis heute als Heilige der Nächstenliebe verehrt. Selbst ein neuer ICE 4 wurde 2017 nach ihr benannt.

Maximilian Kolbe lebte im 20. Jahrhundert als katholischer Priester, Journalist, Publizist und Amateurfunker. In der Zeit zwischen den Weltkriegen trat er für eine offensive Verbreitung christlichen Glaubens ein. Die Nationalsozialisten internierten ihn mit weiteren Priestern im KZ Auschwitz. Bei einer Bestrafungsaktion sollte ein polnischer Mithäftling durch Hungertod sterben. Er hatte Frau und Kinder. Das veranlasste Maximilian Kolbe, für ihn in den Todesbunker zu gehen und 1941 dort zu sterben. In Polen und England, bei Journalisten und Funkern wird Pater Kolbe als Vorbild eines unerschrockenen, bedingungslosen Einsatzes für den Nächsten verehrt.

Europäisch an Martin von Tours, Elisabeth von Thüringen und Maximilian Kolbe ist, dass ihre Erinnerung sich nicht auf eine abgegrenzte Gruppe und Tradition beschränkt. Sie finden in allen Kirchen und vielen Ländern Beachtung. Ihr Lebenswerk ist für immer mehr Menschen von Interesse, weil es am konkreten Beispiel Antwort darauf gibt, was uns zusammenhält und nicht spaltet.